Uns erwarteten nun zwei weitere Tage in Kanazawa, obgleich wir am ersten Morgen bemerkten, dass wir eigentlich nur noch Programm für einen Tag im Petto hatten. Wir machten uns aber nichts weiter daraus, denn nach den doch recht anstrengenden Tagen in Kyoto würde uns zumindest ein ganzer Tag zum Ausschlafen und Entspannen guttun.
Kanazawa punktet im Vergleich zu Kyoto nicht unbedingt mit besonderen Sehenswürdigkeiten, kann dafür aber mit ein paar netten kleinen Vierteln aufwarten, die sich von unserer Unterkunft aus gut zu Fuß erkunden ließen. Die Temperaturen waren heute trotz starkem Wind mit teilweise fast 20 Grad ungewöhnlich hoch. Als erstes Ziel setzten wir uns den Omi-cho Markt, der nur wenige Minuten entfernt lag. Dort hofften wir wieder auf unsere Sushi-Kosten zu kommen. Da wir uns auch heute recht großzügig ausgeschlafen hatte und sehr gemütlich nach einem Kaffee in einem Café um die Ecke in den Tag gestartet waren, trafen wir erst gegen Mittag auf dem Markt ein, wo sich bereits vor jedem Lokal Menschenschlangen versammelt hatten. So konnten wir uns lediglich durch das Durcheinander an Fischhändlern, Käufern und Restaurants bewegen, ohne selbst etwas Essbares abzugreifen. Der Markt ist durchaus nett und sehenswert, kann aber nicht ganz mit jenen, die wir in Tokio und Osaka besucht hatten, mithalten. Hier verhielt es sich jedenfalls ähnlich, wie am Vortag beim Kenroku-en-Garten, als dort auch wie aus dem Nichts Menschenmassen auftauchten, obwohl es in der Stadt selbst recht überschaubar zuging.
Omi-cho Markt |
Da die Essensfrage noch nicht beantwortet war, suchten wir uns ein kleines Restaurant ein paar Straßen weiter aus, wo wir sofort wieder allein waren, und dennoch ein sehr gutes Fischmenü im klassisch japanischen Stil verdrückten.
Da wir uns nun keine Gedanken mehr über unseren Hunger machten mussten, konnten wir entspannt das erste interessante Viertel, den Nagamachi-Bezirk, aufsuchen. Auf dem Weg dorthin kamen wir mehr oder weniger zufällig am hübschen Oyama-Schrein vorbei, der vor allem mit seinem netten kleinen Garten und einem Teich bestechen konnte.
Oyama-Schrein |
Oyama-Schrein Garten |
Den Nagamachi-Bezirk erreichten wir daraufhin nach gut 20 Gehminuten. In diesem hübschen, gut erhaltenen Bezirk, der von zwei Kanälen begrenzt wird, wohnten einst zahlreiche Samurai. Der Bezirk ist zwar nicht groß, dennoch versprüht er mit seinen Lehmwänden und Ziegeldächern einen ganz eigenen Charme.
Nagamachi-Bezirk |
Nachdem wir diesen Bezirk durchschritten hatten, überquerten wir den Fluss Asano-gawa. Auf der Brücke taten sich ein erster schöner Blick auf die japanischen Alpen und ihre Dreitausender auf. Unmittelbar nördlich des Asano-gawa erstreckt sich Higashi-chaya-gai (Higashi-Geishabezirk), ein abgeschlossenes Viertel mit schmalen Straßen, das im frühen 19. Jahrhundert entstand. Die netten Lattenfassaden der Geishahäuser sind immer noch gut erhalten und erwecken romantische Vorstellungen von der damaligen Zeit.
Higashi-chaya-gai |
Nur ein paar Straßen weiter gelangten wir zu unserem letzten Besichtigungsziel des Tages, dem Teramachi-Bezirk. Das hügelige Viertel ist Standort Dutzender, wenn auch zum Großteil nicht allzu spektakulärer Tempel, vor allem, wenn man diesbezüglich verwöhnt aus Kyoto kommt. Heraus sticht der buddhistische Tempel Myoryu-jo (auch bekannt als Ninja-dera), der von außen schon nett anmutete, dessen Inneres aber besonders spannend sein soll. Davon konnten wir uns allerdings nicht selbst überzeugen, weil man, um ihn betreten zu können, eine Anmeldung benötigt und ihn nur im Rahmen einer Führung besichtigen kann. Wir ärgerten uns nicht weiter darüber, denn Tempel und Schreine kannten wir inzwischen ohnehin schon wie unser eigenes Wohnzimmer.
Tempel Myoryu-jo |
Also spazierten wir noch ein wenig die hübschen und verlassenen Straßen des Viertels entlang, ehe wir beschlossen, den mehrere Kilometer langen Rückweg anzutreten.
Wir visierten aber noch nicht direkt unsere Unterkunft an, sondern den Bahnhof, wo wir uns noch unsere Bustickets für die Fahrt nach Shirakawa-go in zwei Tagen sicherten. Da fassten wir auch kurzerhand den Entschluss, uns gleich wieder einen Tisch beim Italiener zu reservieren, bei dem wir schon gestern mit großer Freude Pizzen verschlungen hatten. Die etwa zwei Stunden, die uns vor dem Essen noch blieben, verbrachten wir ruhend und duschend in der Unterkunft. Beim Italiener bestellten wir natürlich Pizza, die wieder so köstlich war, dass wir nicht anders konnten, als auch gleich für unseren morgigen letzten Abend in Kanazawa einen Tisch zu reservieren.
Am nächsten Tag gelang uns beinahe ein Negativrekord an getanen Schritten, der nur von unserem Hangover-Day in Osaka unterboten wurde. Im Grunde verließen wir die Unterkunft nur aus Nahrungssuchegründen. Am späteren Vormittag schleppten wir uns wieder zum Omi-cho-Markt, in der Hoffnung, heute etwas früher einen Platz in einem Sushi-Restaurant zu bekommen. Und der Plan sollte aufgehen, es herrschte zwar auch an diesem Tag reges Treiben auf dem Markt, doch die Restaurants waren aufgrund der noch frühen Uhrzeit recht spärlich belegt. So konnten wir nun endlich wieder unser Verlangen nach Sushi in Form von unverschämt köstlichem Thunfisch-Sashimi befriedigen.
Den Nachmittag nutzten wir nur noch zum Entspannen und zur weiteren Detailplanung unserer Reise, die gerade innerhalb der Alpen etwas Feinabstimmung erfordert, da wir dort nicht allzu viel Zeit eingeplant haben, weshalb An- und Weiterreisezeiten nicht unwesentlich sind. Am Abend ging es zu unserer erneuten Freude wieder zum Italiener, bei dem wir unsere Pizza-Trias komplettierten. Nun sollten wir für den Rest der Reise genug davon haben … möglicherweise …
Am nächsten Morgen mussten wir uns recht zeitig von unserem netten Wohnhaus, das wir inzwischen schon liebgewonnen hatten, verabschieden, denn kurz nach 8 Uhr ging bereits unser Bus in die abgeschiedene Bergregion Shirakawa-go zwischen Kanazawa und Takayama, unserem heutigen letzten Ziel. Da nicht nur die Züge in Japan auf die Sekunde pünktlich sind, rollten wir exakt um 8:10 los. Die etwa eineinhalbstündige Fahrt verlief wie immer reibungslos und hier und da taten sich bereit erste nette Bergpanoramen auf. Einzig die Sonne wollte noch nicht durch die dichte Wolkenschicht dringen. Shirakawa-go planten wir auf unserem Weg nach Takayama als Zwischenstopp ein, da man hier viele Bauernhöfe im berühmten Gassho-zukuri-Stil findet, so benannt nach der A-förmigen Bauweise der Strohdächer. Dort angekommen erfreuten wir uns zuerst am geringen Touristenaufkommen, wo doch in allen Reiseführern angemerkt wurde, dass man hier auf besonders viele stoßen würde. Fast alle Sehenswürdigkeiten von Shirakawa-go liegen in der Gemeinde Ogimachi. Hier findet sich die größte Ansammlung an Gassho-zukuri-Bauten. Das 600 Einwohner starke, an einem Fluss liegende Dorf ist schnell durchschritten und bietet neben den stimmungsvollen Gebäuden auch ein rundum beeindruckendes Alpenpanorama. Auf der anderen Flussseite gibt es ein recht weitläufiges Freilichtmuseum, in dem man originale Gassho-zukuri aus der Nähe betrachten und auch betreten kann. Da alle Häuser hierher verpflanzt wurden, weil einige Dörfer in den 60er-Jahren zu überfluten drohten, wirkt die Anordnung jedoch leider etwas künstlich. Dennoch hatte sich der Besuch und der kleine Spaziergang hier zweifellos ausgezahlt, auch weil die Häuser irgendwie eine angenehme Ruhe ausstrahlten.
Shirakawa-go 1 |
Shirakawa-go 2 |
Diese Ruhe hatte jedoch nach Verlassen des Freilichtmuseums ein Ende, denn offenbar waren wir einfach vor den großen Reisebussen hier angekommen. Inzwischen drängten sich Hunderte Menschen durch den Hauptteil des Dorfes, durch den wir kurz zuvor noch fast allein gegangen waren. Wir waren jedenfalls froh, den Großteil hier noch in relativer Ruhe besichtigt zu haben. Da uns noch etwas Zeit blieb, ehe wir in unseren Bus nach Takayama steigen mussten, stiegen wir noch auf eine Anhöhe, auf der es einen Aussichtspunkt gibt, von dem aus man einen tollen Blick über das Tal und das Dorf hat. Nach einer kurzen Rast und den Ausblick genießend, machten wir uns wieder auf den Weg hinunter zum Busbahnhof. Die Weiterfahrt nach Takayama, wo wir eine Nacht verbringen werden, dauerte nur eine knappe Stunde.
Takayama wartet angeblich mit einer der stimmungsvollsten Stadtlandschaften Japans auf. Bevor wir uns jedoch davon selbst überzeugten, brachten wir noch schnell unser Gepäck ins Hotel und suchten uns was zu essen, da inzwischen schon der frühe Nachmittag angebrochen war und wir bisher bis auf ein paar langweilige Snacks nichts gegessen hatten. Die Sonne hatte sich inzwischen zwar gegen die Wolken durchgesetzt, die Temperaturen waren jedoch gerade einmal knapp über dem Gefrierpunkt und der Wind trug das Seinige dazu bei, dass hier geradezu Winterstimmung herrschte. Um uns ein wenig von innen zu wärmen, aßen wir günstig eine große Portion schmackhafte Ramen. Mit neugewonnener Kraft und Wärme spazierten wir weiter zum Fluss Miya-gawa, den wir nach ein paar Minuten erreichten. Einmal auf der anderen Flussseite angekommen, befanden wir uns im wunderbaren Sanmachi-suji-Bezirk voller Sake-Brauereien, Cafés, Geschäfte und gut erhaltenen Furui Machinami (alter Privathäuser).
Sanmachi-suji-Bezirk |
Wir genossen hier ein wenig das nette Ambiente und spazierten ein wenig den Fluss entlang, bevor wir uns um 15 Uhr noch schnell zum Hotel begaben, um in unsere Zimmer einzuchecken und uns kurz frisch zu machen.
Danach begaben wir uns wieder in Richtung Sanmachi-suji, statten auf dem Weg aber noch dem Takayama-jinja einen Besuch ab. Das weitläufige Gelände südlich von Sanmachi-suji ist das einzige verbleibende Präfekturbauwerk aus der Zeit des Tokuwaga-Shoguns. Heute kann man hier unter anderem dessen Reisspeicher, Garten und Folterkammer besichtigen. Darüber hinaus kann man hier auch einige Waffen, Schriftstücke und Handwerkswaren aus der damaligen Zeit begutachten.
Takayama-jinja |
Ein durchaus netter Rundgang, dachten wir uns, doch der strahlende Sonnenschein, von dem wir in den letzten Tagen nicht so viel abbekommen hatten, verlieh unseren Schritten ungeahnte Geschwindigkeit, weshalb wir das Ganze doch eher im Schnelldurchlauf abhandelten. Aus diesem Grund befand sich unser letzter Besichtigungspunkt des Tages auch unter freiem Himmel. Wir überquerten abermals den Miya-gawa in Sanmachi-suji und begaben uns dort in den wunderbar grünen Shiroyama-koen. Mehrere Pfade führen hier durch den Park und den Hügel hinauf zu den Ruinen der Burg Takayama-jo. Wobei Ruinen hier übertrieben ist, da hier eigentlich nur noch eine Gedenktafel steht, wo früher die Burg emporragte. Auf dem Weg hinauf kommt man wiederum an etlichen netten Tempeln und Schreinen vorbei. Ausblicke auf die umliegenden Berge kann man leider nur selten erhaschen, da meistens dichter Wald die Sicht versperrt. Hier und da gab es aber doch ein Plätzchen, von dem aus wir die schneebedeckten Gipfel der imposanten Berge sowie das Stadtpanorama Takayamas genießen konnten. Als sich die Sonne hinter den Bergen verabschiedete wurde es bitterkalt, weshalb wir sogleich mit dem Abstieg zurück in die Stadt begannen.
Blick vom Shiroyama-koen 1 |
Blick vom Shiroyama-koen 2 |
Zum Abschluss des Tages belohnten wir uns für die vielen zurückgelegten Meter mit einem hervorragenden Steak vom lokalen Hida-Rind, ein kleiner Vorgeschmack auf das noch in Tokio geplante Kobe-Steak … Morgen geht es dann wieder mit dem Bus weiter nach Matusmoto, wo wir wiederum nur eine Nacht verbringen werden, ehe wir bei einem der großen Reiseziele ankommen: dem Fujiyama.
Ausgewählte Kuriositäten:
Ausgewählte Kuriositäten:
- Japan ist das Land der Schreine und das liegt unter anderem auch daran, dass die Japaner sehr abergläubisch sind. So sollte man sich beispielsweise nie nachts die Nägel schneiden, da zu dieser Tageszeit die bösen Geister unterwegs sind und beim Nägelschneiden am Körper quasi kleine Öffnungen entstehen, durch die sie dann in den Körper hineinschlüpfen können. Außerdem sollte man nachts auch nicht Pfeifen. Schließlich haben sich so früher Diebe und Einbrecher verständigt und wer nach Einbruch der Dunkelheit pfeift, ruft sie herbei.
- Und wo wir gerade beim Glauben sind: Jesus Christus liegt laut den Japanern auch in Japan begraben. Jesus ist im Alter von 21 Jahren nach Japan gegangen, um dort den Shinto-Glauben zu studieren, und ist erst zwölf Jahre später wieder nach Judäa zurückgekehrt, wo er predigte und schließlich auch gekreuzigt wurde. Doch was bei uns kaum einer weiß, ist, dass der Bruder von Jesus, Isukiri, kurz vor der Kreuzigung dessen Platz einnahm. Jesus selbst kehrte nach Japan zurück, wurde Reisbauer, gründete eine Familie und starb im Alter von 106 Jahren.
- Da wir in letzter Zeit ständig unterwegs waren, mussten wir uns immer mit unseren schweren Koffern herumschlagen. Die meisten Japaner würden das jedoch nicht tun, schließlich gibt es ja den Takkyubin, der das Gepäck für einen zum nächsten Bahnhof bringt. Takkyubin ist der Name eines japanischen Kurierdienstes, der mittlerweile als Synonym für alle Zustelldienste des Landes herangezogen wird. Diese sind relativ billig und, was noch viel wichtiger ist, immer pünktlich. Außerdem kann man mit ihnen auch kleine Pakete verschicken und braucht sich nie Sorgen um deren Inhalte zu machen. Die Paketzusteller sind so vorsichtig, dass man sogar dünnwandige Vasen bedenkenlos verschicken kann.