Freitag, 8. März 2019

Kagoshima - Yakushima Tag 1 & 2

Auch heute stand kein Ausschlafen auf dem Plan, denn um 8:45 Uhr legte unsere Fähre nach Yakushima ab und wir mussten schon eine halbe Stunde zuvor einchecken. Wir hielten uns an die Genauigkeit und Pünktlichkeit der Japaner und so saßen wir schon bald in der recht kleinen, aber schnellen Fähre. Das Wetter zeigte sich heute wieder von seiner besten Seite, was für die Region alles andere als selbstverständlich ist, gilt Yakushima doch als einer der regenreichsten Orte der Welt.
Die zweistündige Überfahrt über das ruhige Meer war gemütlich und kurzweilig und immer wieder taten sich großartige Blicke auf diverse Vulkane und Inseln auf. 
Kagoshima - Yakushima
Für den ersten unserer zwei Inseltage hatten wir eine ganztägige geführte Tour gebucht, da wir uns für die kurze Zeit kein Auto mieten wollten und es für eine gute Möglichkeit hielten, in kurzer Zeit möglichst viel von der Insel zu sehen und über sie zu erfahren. Unser Guide Steve, ein vor etwa 20 Jahren nach Japan ausgewanderter Brite, empfing uns im Hafen der kleinen an der Nordspitze der Insel gelegenen Stadt Miyanoura mit hochgehaltenem „Philipp“-Schild. Auf dem Programm stand eine Umrundung Yakushimas. Die Insel gehört seit 1993 zum Unesco-Weltkulturerbe und hat in etwa die Fläche von Tokio. Steve machte von Anfang an einen sehr kompetenten und freundlichen Eindruck, was sich im Laufe der Tour immer mehr bestätigten sollte. So wusste er vieles über die Geschichte Yakushimas und Japans zu erzählen, war botanisch und zoologisch versiert und konnte sein Wissen obendrein noch interessant vermitteln. Egal, was wir ihn auch fragten, er hatte immer eine ausführliche und informative Antwort parat. Bevor die Tour jedoch losgehen konnte, brachte er uns noch schnell zu unserer Unterkunft am Rande von Miyanoura, damit wir unsere großen Koffer abladen konnten. Unsere Herberge für die kommenden zwei Nächte war eine Art Bed and Breakfast, das von einem nach Yakushima ausgewanderten Tokioter Ehepaar geführt wurde. Schon bei unserer Gepäckablagerung wurden wir herzlich von Shigeru und Hitomi in Empfang genommen. Nach kurzen Kennenlernverbeugungen sprangen wir auch schon wieder zurück ins Auto und starteten unsere Inselumrundung gen Westen. Die Tour brachte uns an diverse Hotspots der Insel. Unser erstes erwähnenswertes Ziel entlang der malerischen Küstenstraße war der Nagata Inaka-hama, ein breiter goldener Sandstrand im Nordwesten, auf dem von Mai bis Juli die gefährdeten Unechten Karettschildkröten und Grünen Meeresschildkröten ihre Eier ablegen. 

Nagata Inaka-hama
Bevor wir in den wilden Westteil der Insel einfuhren, machten wir noch Halt beim Nagata Lighthouse, einem nach schottischem Vorbild errichteten Leuchtturm. 
Nagata Leuchtturm
Blick vom Leuchtturm aus
Von hier aus beginnt sich die Straße durch den unberührten Wald zu winden, dem Zuhause etlicher Gruppen von Yakumakaken, einer nur auf Yakushima vorkommenden Unterart des Japanmakaken, und Sikahirschen. Es dauerte nur wenige Kurven, bis wir den ersten auf der Straße sitzenden Makaken begegneten, die es sich an den diversen Sonnenplätzen gemütlich gemacht hatten. Steve verriet uns, dass es die letzten Tage stark geregnet hatte und wir heute entlang der Straße auf etliche Makaken treffen würden, da es sie schon nach der Sonne lechzte. Und er sollte Recht behalten, denn beinahe hinter jeder zweiten Kurve tummelte sich eine neue Gruppe dieser entzückenden Affenart. Darunter spazierten vereinzelt Sikahirsche, die sich genauso wie die Affen nicht von uns und unserem Auto stören ließen. Wir hätten diese faszinierenden Tiere zwar den ganzen Tag beobachten können, mussten uns aber leider irgendwann von ihnen lösen. 
Yakumakaken

Sikahirsch
Unseren nächsten Stopp legten wir beim Oko-no-taki ein, Yakushimas höchstem Wasserfall mit 88 m, bei dem wir auch unser von Steve mitgebrachtes Mittagessen verspeisten. Wie so oft gab es eine kalte Bento-Box, die wider Erwarten aber immer gut schmeckt. 
Oko-no-taki
Am Nachmittag besuchten wir noch ein paar weitere nette Orte entlang der etwas belebteren Süd- und Westküste der Insel. Hervorzuheben waren hierbei der Hirauchi-Kaichu-Onsen (Onsen = Heiße Quelle), dessen Außenbecken zwischen Felsen direkt am Wasser liegen und nur bei Ebbe bzw. kurz vorher zugänglich sind, sowie eine sorgfältig angelegte Grünteeplantage. 
Grünteeplantage
Meer und Regenwaldberge
Entlang der Straße taten sich ständig atemberaubende Blicke auf die hohen Regenwaldberge im Inselinneren auf, in das wir uns am nächsten Tag im Zuge einer mehrstündigen Wanderung wagen wollten. Wieder in Miyanoura angekommen, schloss sich der Kreis unserer Umrundung und Steve brachte uns wieder zu unserer Unterkunft, wo uns Shigerun und Hitomi erneut freudig empfingen. Mangels Alternativen und weil wir doch schon wieder Hunger hatten, beschlossen wir, ein nicht in den Preis inbegriffenes Abendessen in der Unterkunft einzunehmen. Aber wir sollten es nicht bereuen, denn Hitomi zauberte uns ein köstliches Festessen aus unterschiedlichsten kalten und warmen Speisen. Da ihr Englisch für japanische Verhältnisse recht gut war, unterhielten wir uns während und nach dem Abendessen angeregt mit ihnen und bekamen so mitunter das Gefühl, privat bei Freunden eingeladen, anstatt Gäste in einem Hotel zu sein. 
Abendessen bei Shigerun und Hitomi
Nach mehreren Bieren und einem Gläschen Sake wankten wir müde in unser Zimmer und widmeten uns auf unseren Futon-Betten dem Schlafe, um morgen wieder fit für unsere angedachte Wanderung zu sein.
Am nächsten Morgen war leider das auf Yakushima gängige Regenwetter zurückgekehrt. Weiter nicht schlimm, dachten wir uns, hatten wir doch die passende Regenausrüstung dabei. Zuerst hieß es aber erstmal ab zum Frühstück, das wie das Abendessen am Tag zuvor eine Gaumenfreude war. Die Freude wurde jedoch ein wenig getrübt, als uns Shigeru nach dem Essen mitteilte, dass ein Großteil der von uns geplanten Wanderwege aufgrund zu hoher Wasserstände in den Flüssen gesperrt waren, weil man diese nicht mehr überqueren konnte. Offen war nur noch der erste Teil, ein einstündiger Rundweg durch den gebirgigen Regenwald. Da wir es ohnehin hinnehmen mussten, begaben wir uns trotzdem zum Bus beim ca. 15 Gehminuten entfernten Hafen von Miyanoura, um zumindest ein bisschen in das Inselinnere, für das Yakushima ja besonders bekannt ist, hineinzuschnuppern. Denn auf den felsigen Bergen des Eilandes wachsen in den moosgrünen Wäldern die weltbekannten Yakusugi – uralte Sicheltannen. Nach etwa 30 Minuten Fahrt entlang einer waghalsigen Bergstraße erreichten wir den Ausgangspunkt unserer Kurzwanderung. Da der nächste Bus erst in ein paar Stunden wieder nach Miyanoura abfahren würde, ließen wir uns bewusst mehr Zeit, auch wenn der immer stärker werdende, teilweise monsunartige Regen gepaart mit den brausenden Windböen für ein besonders intensives Regenwalderlebnis sorgten. Anstatt uns also über das Wetter und die damit einhergehenden Wegsperren zu ärgern, genossen wir das wilde Treiben der Natur, dank der diese einzigartige Landschaft überhaupt erst entstehen konnte. 

Regenwaldwanderung
Yakusugi
Martin, Philipp und Gianni
Trotz bewusst langsam gewählter Schritte kamen wir doch etwas zu früh wieder beim Parkplatz an, wo wir noch eine gute Stunde auf den nächsten Bus warten mussten. Als wir dann wieder Richtung Tal unterwegs waren, kam natürlich wieder die Sonne raus … Aber wir hatten uns ja zum Glück schon darauf geeinigt, uns nicht darüber zu ärgern …
Den restlichen Nachmittag verbrachten wir in der Unterkunft schlafend und uns aufwärmend, ehe wir am frühen Abend bei inzwischen wieder Schönwetter einen kurzen Spaziergang zum Hafen einlegten. Danach ließen wir uns wieder von Hitomi bekochen und kosteten neben neuen Bieren auch ein Gläschen des renommierten Hibiki-Whiskeys, der das kulinarische Gesamterlebnis gelungen abrundete. So schnell wie unsere zwei Tage auf Yakushima begonnen hatten, waren sie auch schon wieder vorüber. Trotz des kleinen Wermutstropfens der verkürzten Wanderung waren wir äußerst froh, den Kurzausflug in diese kleine Oase abseits der Menschenmassen gemacht zu haben. In den nächsten zwei Wochen warten nun mehrere Millionenstädte auf uns, ehe wir vielleicht in den japanischen Alpen wieder etwas Abgeschiedenheit finden. Doch alles nach der Reihe, morgen geht es erstmal wieder mit der Fähre zurück nach Kagoshima und dann weiter in die größte Stadt Kyushus: Fukuoka.

Ausgewählte Kuriositäten:
  • Im Ersten Weltkrieg haben einige Kamikaze-Piloten ihre Flugzeuge vor der Küste von Yakushima zum Abstürzen gebracht, in der Hoffnung, zu überleben und auf der Insel Unterschlupf zu finden. Obwohl viele bei diesem Versuch gestorben sind, gab es auch einige, die ihrem Schicksal so entgehen konnten.
  • Und wo wir gerade beim Ersten Weltkrieg sind: Mitten Im Krieg hat ein amerikanischer Kampfpilot einen Felsen vor der Küste von Yakushima bombardiert. Die Einheimischen haben sich jahrzehntelang gewundert, was es mit diesem Manöver auf sich hatte. Dieses Rätsel wurde mit der Veröffentlichung der Flugaufzeichnungen des besagten Piloten gelüftet – er hielt den Felsen für ein feindliches U-Boot …
  • Auf Yakushima war es lange Zeit üblich, einmal im Leben um die ganze Insel zu pilgern. Dieses Ritual hatte einen einfachen Hintergrund: Die Familienväter wollten so in anderen Dörfern geeignete Partner für ihre Kinder finden.
  • Auf Yakushima gibt es Schätzungen zufolge in etwa gleich viele Affen, Rehe und Menschen, nämlich ungefähr jeweils 12.000.
  • Im Jahr 1708 landete der erste Europäer auf Yakushima: Giovanni Battista Sidotti. Sodotti war ein italienischer Missionar, der sich auf eigene Faust auf den Weg gemacht hatte, um das Christentum in fremden Ländern zu verbreiten. Dafür wurde er später auf Yakushima festgenommen und nach Edo (das heutige Tokio) gebracht, wo er schließlich in einer Zelle starb. Noch heute gibt es auf Yakushima (und vielen anderen Inseln Japans) eine christliche Gemeinde.

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