Mittwoch, 6. März 2019

Tokio Tag 3 & Tokio - Kagoshima

Für unseren zweiten ganzen Tag in Tokio hatten wir uns etwas weniger vorgenommen. Das war einerseits dem schlechten Wetter geschuldet, andererseits saß uns noch der doch recht anstrengende Vortag in den Knochen. Nichtsdestotrotz starteten wir sehr zeitig am Morgen und kämpften uns durch mehr oder weniger starken Regen und Windböen zur Tokyo Station, einem der größten Bahnhöfe der Stadt, wo wir unseren bereits im Vorhinein gekauften Railpass (Fahrkarte für den Großteil der Züge im ganzen Land) sowie Sitzplatzreservierungen für unsere erste Shinkansen-Fahrt von Tokio nach Kagoshima besorgten. Nachdem wir das Organisatorische hinter uns gebracht hatten (was in Japan zum Glück wie am Schnürchen zu laufen scheint), setzten wir unseren Weg zu unserem eigentlichen Ziel, dem Stadtviertel Akihabara fort. „Akiba“ (so nennen es die Einheimischen) ist das Zentrum der Otaku-Subkultur (leidenschaftliche Fans). Man muss aber nicht selbst verrückt nach Mangas oder Anime sein, um dieses schräge Viertel zu genießen.
Akihabara
 Es ist zu gleichen Teilen Reizüberflutung und kulturelle Denksportaufgabe. In Akiba findet man detailliert gearbeitete Plastikmodelle, pornografische Comics und Cosplay-Outfits, sprich Verkleidungen basierend auf Figuren aus Mangas und Animefilmen, sowie allerlei Elektrokram von der Sicherung bis zu irgendwelchen Kabeln. Das alle Vorurteile über Japan erfüllende Viertel zauberte uns ein ständiges Grinsen aufs Gesicht und ließ uns auch ein wenig das durchaus grausame Wetter vergessen. Bevor wir uns wieder dem Sushi widmeten, bummelten wir noch ein wenig durch einen überdimensionalen mehrstöckigen Elektroladen, gegen den ein Media Markt, wie wir ihn zu Hause kennen, fast schon lächerlich winzig wirkt.
Elektroladen in Akihabara
Nach dem Essen wagten wir uns noch in eines der zahlreichen Maid-Cafés der Gegend. Das sind mehr oder weniger Cosplay-Cafés, in denen die weibliche Belegschaft wie Maids (Dienstmädchen) gekleidet ist und aus jeder Bestellung und jedem Handgriff eine Zeremonie gemacht wird. So muss man seine Speisen und Getränke etwa mit Zaubersprüchen belegen, um sie noch besser zu machen, und darf die Maids nur mit „Miau, miau“ rufen. Obendrein muss man während all dem Hasen- oder andere Plüschohren tragen. Fremd- und Eigenschämen war demnach angesagt. Im Grunde ist das Ganze eher ein „Spaß“ für Touristen, den man vielleicht gesehen haben muss oder vielleicht auch nicht … Das bestellte Eisparfait schmeckte jedenfals gar nicht mal so schlecht.
Um eine, wenn auch entbehrliche, Erfahrung reicher begaben wir uns zur U-Bahn, mit der wir auch schon recht durchnässt zu unserem Hotel zurückkehrten. Nach ein paar Stündchen notwendiger Ruhe kontaktierte uns unser Freund und Arbeitskollege Marco, der zufälligerweise auch für zwei Wochen mit seiner Freundin Jenny in Japan unterwegs ist. Wir hatten uns zwar ein paar Tage zuvor in unserem Büro in Graz gesehen, dennoch ließen wir uns den Spaß nicht nehmen, uns auch in Tokio kurz zu treffen. So vereinbarten wir kurzerhand ein Treffen beim örtlichen Hard Rock Cafe im Ausgehviertel Roppongi, um im Zuge dessen auch meine Sammlung an Hard Rock T-Shirts zu erweitern. Bei mehreren Bieren tauschten wir erste Reiseerfahrungen und -erlebnisse aus und unterhielten uns noch über unsere jeweiligen weiteren Reisepläne.
Marco, Philipp, Martin, Gianni
Danach führte uns unser Weg nur noch durch den immer noch herabprasselnden Regen ins Hotel, wo wir erneut müde ins Bett fielen.
Am nächsten Tag hieß es, wie bisher immer auf dieser Reise, früh den Federn zu entsteigen, um unseren Shinkansen in das ca. 1.400 km entfernte Kagoshima (mit Umstieg in Kobe) auf der Insel Kyushu zu erwischen. Alles lief problemlos und so saßen wir auf die Sekunde pünktlich um 8:10 Uhr im Shinkansen, der uns mit durchschnittlich 170 km/h im Verlauf einer siebenstündigen Fahrt sicher und komfortabel nach Kagoshima brachte. Wie eigentlich überall in Japan fühlt man sich auch im Shinkansen behandelt wie ein König, dem jeder Wunsch von den Lippen gelesen und mit zahlreichen Verbeugungen erfüllt wird.
Tokio - Kagoshima
Shinkansen
Wir erreichten Kagoshima nach einer mehr oder weniger ereignislosen und verregnet Fahrt, wurden jedoch von warmem, abendlichem Sonnenschein in Empfang genommen. Die Hauptstadt der gleichnamigen südlichsten Präfektur wurde zu Japans freundlichster Stadt gewählt, und das, obwohl sie im Schatten des auf der anderen Seite der Bucht gelegenen hochaktiven Vulkans Sakurajima liegt. Mit der Straßenbahn ging es zu unserer recht einfachen Unterkunft direkt am Hafen, wo morgen auch unsere Fähre zur Insel Yakushima ablegen wird. In der Unterkunft angekommen, suchten wir vergebens nach Betten, bis uns einfiel, dass wir in dieser Unterkunft nur Futonbetten – also mehr oder weniger ein Matratzenlager – gebucht hatten, die sich im Nachhinein jedoch als gar nicht so ungemütlich herausstellen sollten.
Da uns noch die eine oder andere Stunde Licht blieb, beschlossen wir spontan, uns dem eindrucksvollen Sakurajima, auf den wir auch von der Terrasse unserer Unterkunft einen großartigen Blick hatten, etwas zu nähern. Da er gerade nur verhalten ein paar Dampfwölkchen ausspie, hatten wir auch keine weiteren Bedenken. So begaben wir uns mit der Fähre auf die etwa 15-minütige Überquerung der Bucht. Auf der Überfahrt taten sich fantastische Blicke auf den Sakurajima auf.
Vulkan Sakurajima
Auf der Halbinsel angekommen, auf der der Vulkan thront, stellten wir aber schnell fest, dass es hier nicht viel zu tun gibt. Es fährt hier zwar ein Bus auf halbe Höhe des Sakurajima, jedoch hatten wir die letzte Fahrt schon verpasst. Außerdem hatte man von der Fähre eine bessere Sicht auf den Vulkan als vom Hafen. So vertrieben wir uns die Zeit bis zur nächsten Fähre mit einem Kurzbesuch bei einem kleinen Schrein direkt neben dem Hafen.
Schrein am Fuße des Vulkans Sakurajima
Dennoch zufrieden und bei hübscher Sonnenuntergangsstimmung fuhren wir wieder zurück zum Hafen von Kagoshima, wo wir direkt in ein zuvor ausgewähltes Running-Sushi-Lokal köpfelten. Nach diesem abermals hervorragenden Sushi-Erlebnis zogen wir uns in unsere Unterkunft zurück und machten es uns in Vorfreude auf den bevorstehenden Tag in unserem Matratzenlager gemütlich.
Sonnenuntergangsstimmung

Matratzenlager in der Unterkunft

Ausgewählte Kuriositäten:
  • In Japan gibt es ungefähr 240 Vulkane, davon sind 110 aktiv (nach der Definition der Japan Meteorological Agency gilt ein Vulkan als aktiv, wenn er in den letzten 10.000 Jahren mindestens ein Mal ausgebrochen ist).
  • Japan besitzt damit rund 10% aller aktiven Vulkane der Welt.
  • Viele Ortsnamen in Japan lassen sich schnell entschlüsseln und geben oft sogar Auskunft über die geographische Lage: Es gibt ein Kanji-Zeichen für jima/shima, das so viel bedeutet wie Insel. Die Kanji-Zeichen in Kagoshima lassen sich somit frei zu "Reh-Kind-Insel" übersetzen; die von Sakurajima zu "Kirschblüten-Insel". 

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