Freitag, 29. März 2019

Tokio Tag 1 (Kamakura) & Tokio Tag 2 (Nikko) & Tokio Tag 3

Fast vier Wochen sind tatsächlich schon vergangen, seit wir hier in Tokio gelandet sind. Auch wenn wir in dieser Zeit vieles erlebt und unternommen haben – oder gerade deswegen – fühlt es sich an, als wäre der Urlaub gerade erst losgegangen. So blieben uns noch ein paar Tage in Tokio, während der wir zwei Ausflüge geplant hatten, die wir gleich an den ersten beiden Tagen unternahmen, da einerseits schönes Wetter angesagt war und wir die Reise in aller Ruhe in Tokio ausklingen lassen wollten.
So fuhren wir bereits recht früh an unserem ersten Tag in Tokio unter strahlendem Sonnenschein in das südlich von Tokio gelegene Kamakura, Japans erste Hauptstadt. Heute locken die zahlreichen Tempel, Schreine und vor allem die große Buddhastatue die Massen an. Nach nicht mal einer Stunde mit dem Zug hatten wir Kamakura erreicht und konnte gleich nur wenige Schritte vom Bahnhof entfernt den ersten Tempel, den Engaku-ji, betreten. Obwohl jeder Tempel etwas Eigenes an sich hat, waren wir nach den vielen Tempeln in Kyoto und Co. schon etwas übersättigt, was das Besichtigen dieser heiligen Stätten angeht. Das Gute dabei ist jedoch, dass sie meistens traumhaft gelegen sind und sich wunderbar in schöne Spaziergänge einbauen lassen. 
Engaku-ji Tempelanlage

Engaku-ji Fresco

Garten im Engaku-ji

Friedhof in Kamakura
So sahen wir unseren halbtätigen Besichtigungstag in Kamakura im Großen und Ganzen als schönen Spaziergang bei sommerlichen Bedingungen, der uns an Tempeln, Schreinen und mystischen Friedhöfen vorbeiführte. Da wir recht früh gestartet waren, genossen wir anfangs auch den recht angenehmen Nebeneffekt, uns nicht in ausufernden Touristengruppen wiederzufinden. Erst beim großen Aushängeschild der Gegend, der großen Buddhastatue, mussten wir uns wieder den gewohnten Massen stellen. Die Buddhastatue in Kamakura ist mit 11,4 Metern zwar deutlicher kleiner als jene, die wir in Nara besichtigt hatten, aber dennoch nicht minder beeindruckend. Da sie zur Gänze im Freien steht, kann man sie umrunden und sie für extra Eintritt sogar betreten, was wir jedoch nicht taten.
Buddhastatue
Da wir für den Nachmittag noch ein bisschen was in Tokio selbst geplant hatten, verließen wir Kamakura wieder recht zeitig. Unser erstes Ziel war der Shinjuku-Goyen, eine weite Grünfläche mit netten Teichen inmitten der urbanen Hektik Shinjukus. Doch ganz konnten wir der Hektik in diesem Park auch nicht entgehen, im Gegenteil – die Kirschblüte war vor wenigen Tagen voll aufgegangen, weshalb sich Einheimische und Touristen in Scharen unter und rund um diese wunderschönen Bäume versammelten. Wir waren uns vor und auch während der Reise nicht sicher, ob es sich für uns noch ausgehen würde, die Kirschblüte mitzuerleben, aber siehe da, wir hatten hier in Tokio tatsächlich noch das Glück. Wir ärgerten uns auch keineswegs über die vielen Menschen, denn dieser positive Wahnsinn gehört einfach zur Kirschblüte wie die reinweißen und rosaroten Blätter der Bäume selbst. Zum ersten Mal genossen wir also das rege Treiben und die irgendwie skurrile Szenerie. Da fragt man sich, wieso der Mensch die Natur immer mehr nachhaltig zerstört, wenn er doch verrückt nach ihr zu sein scheint. 
Shinjuku-Goyen 1

Shinjuku-Goyen 2

Shinjuku-Goyen 3
Zum Abschluss wollten wir uns noch den Sonnenuntergang vom direkt neben unserem Hotel stehenden Rathaus ansehen. Das Gebäude darf man nicht mit einem Rathaus vergleichen, wie wir es zu Hause kennen, es ist vielmehr ein Wolkenkratzer mit zwei gewaltigen Türmen, in denen es jeweils eine Aussichtsplattform gibt. Leider mussten wir erfahren, dass einer der beiden Türme gesperrt war, weshalb sich beim geöffneten auch eine schier endlose Schlange gebildet hatte. 
Rathaus von Tokio
Da der Sonnenuntergangsplan damit ohnehin durchkreuzt war und wir keine Lust hatten, hier über eine Stunde anzustehen, bummelten wir noch ein wenig durch Shinjuku, wo wir uns noch eine Kleinigkeit zu essen genehmigten, und zogen uns daraufhin in unser Hotel zurück, da wir am nächsten Morgen bereits früh in Richtung Nikko aufbrechen mussten.
Bereits um 7:30 Uhr verließen wir Tokio in nördlicher Richtung nach Nikko, wo die Kanto-Ebene einer Landschaft aus Bergen und Wäldern weicht, einer schönen Kulisse für die grandiosen Tempel und Schreine in Nikko. Nach zweistündiger Fahrt trafen wir am Bahnhof Nikko ein, von dem wir noch eine gute halbe Stunde leicht bergauf zum Tempelgelände spazieren mussten. Auf dem Weg kommt man an der Shin-kyo, der sogenannten heiligen Brücke vorbei. Da es für uns so aussah, als müssten wir sie überqueren, um zu Nikkos Schreingelände zu kommen, zahlten wir gleich den umgerechneten Eintritt von ca. 4 Euro. Leider mussten wir feststellen, dass die andere Seite der Brücke abgesperrt war und wir für dieses Geld nur auf die kleine Brücke gehen durften. Wenn man nicht gerade auf der Suche nach einer von der Heiligkeit der Brücke ausgehenden spirituellen Erleuchtung ist, sind diese Euro nicht allzu gut angelegt. Eher erfreuen kann man sich an ihrem Anblick aus kostenloser Ferne. 
Shin-kyo
Nach diesem kurzen Fehltritt stiegen wir den Hügel hinauf, auf dem sich die verschiedenen heiligen Stätten des Ortes befinden. Auch wenn wir – wie bereits im Abschnitt Kamakura erwähnt – unser Soll an Tempelbesichtigungen schon mehr als erfüllt hatten, waren die prunkvollen Bauten Nikkos inmitten der herrlichen Landschaft ein echter Blickfang. Altes Moos an einer Steinmauer, Steinlaternen, die exakt gleichmäßig platziert in einer Reihe stehen, zinnoberrote Tore und gewaltige Zedern: ein ganz normaler Weg in Nikko. 
Pagode in Nikko
Tempel in Nikko 1

Tempel in Nikko 2
Unter den vielen Heiligtümern sticht vor allem der Tosho-gu heraus. Er ist eines der vielen Weltkulturerben Japans und ein wunderschöner ornamentaler Schrein in einer herrlichen Landschaft. Seine Gebäude sind mit Sicherheit die prunkvollsten und am aufwendigsten gestalteten, die wir auf unserer Reise gesehen haben, weshalb er einen würdigen Abschluss darstellte. Zu seinen bemerkenswertesten Gebäuden zählt das goldglänzende Sonnenuntergangstor Yomei-mon. 

Yomei-mon 1
Yomei-mon 2
Darüber hinaus zeigte sich das Wetter auch weiterhin von seiner besten Seite. Vollends zufrieden verabschiedeten wir uns gegen Mittag von unserem letzten Schrein und spazierten wieder zurück zum Bahnhof, wo wir gerade rechtzeitig bei unserem Zug zurück nach Tokio ankamen. Auf der Rückfahrt kamen wir wider Erwarten doch noch einmal in den Genuss, mit einem Shinkansen zu fahren – wenn auch nur für eine Stunde.
Da es gerade einmal 15:00 Uhr und das Wetter auch in Tokio trotz schlechter Vorhersage halbwegs gut war, fuhren wir direkt mit der führerlosen Monorail nach Odaiba, einer Ansammlung mehrerer künstlich angelegter Inseln in der Bucht von Tokio. Der Hauptteil ist von breiten Straßen, netten Promenaden, hohen Gebäuden und einem gewaltigen Einkaufszentrum geprägt. Auch eine 11 Meter hohe Mini-Freiheitsstatue darf nicht fehlen. Der eigentliche Grund, aus dem man hierherfährt, ist jedoch der Ausblick auf Tokio, der zu einem der schönsten der Stadt gehört. 
Freiheitsstatue (Fake)

Ausblick von Odaiba auf Tokio
Wir aßen hier noch eine Kleinigkeit und genossen dabei den Blick auf die schier endlose Metropole und die gewaltige Regenbogenbrücke, über die wir mit der Monorail hierhergefahren waren. Als das Wetter etwas ungemütlicher wurde und der Abend langsam hereinbrach, begaben wir uns wieder auf den Rückweg zum Hotel. Eigentlich wollten wir an diesem Abend noch in das Viertel Shibuya fahren, in dem sich der weltbekannte Fußgängerübergang „Shibuya Crossing“ befindet, doch irgendwie konnten wir keine Kräfte mehr dafür mobilisierten und ließen selbst zu unserer eigenen Verwunderung das Abendessen ausfallen, um einmal früher ins Bett zu kommen.
Nun blieben uns noch zwei Tage in Tokio, in denen wir jedoch kein wirkliches Programm mehr geplant hatten. Gut ausgeschlafen fällten wir die Entscheidung, wieder zum Tsukiji-Fischmarkt zu fahren, um dort wieder in das Sushi-Lokal zu gehen, in dem wir schon zu Beginn unserer Reise waren. Und wieder waren wir im siebten Thunfisch-Sushi-Himmel … Nach dem Essen beschlossen wir kurzerhand, morgen noch einmal hier zu essen, würden wir doch nie wieder so ein köstliches Sushi schmecken dürfen. Da wir vor ein paar Wochen im weitläufigen Ueno-Park schon überlegt hatten, wir es hier wohl zur Kirschblüte aussehen und zugehen würde, stiegen wir in die U-Bahn, um das herauszufinden. Dort angekommen, wurden all unserer Erwartungen übertroffen. Hiergegen war der Shinjuku-Goyen ein geradezu beschauliches Plätzchen. Die Kirschbäume standen in vollster Blütenpracht, doch auf jede Blüte kamen gefühlt mindesten fünf Menschen, die sich fotografierend oder picknickend unter den Bäumen tummelten. Ein schräges, aber dennoch einzigartiges Erlebnis. 
Ueno-Park 1

Ueno-Park 2
Als wir uns wieder einen Weg aus dem Park gebahnt hatten, gingen wir noch ein wenig in der Gegend shoppen, ehe wir am frühen Abend wieder ins Hotel zurückkehrten. Da es vor allem Martins und mein letzter Abend in einem Hotel war (unser Flug geht am nächsten Tag in der Nacht), machten wir unser Gepäck wieder flugbereit und erledigten noch ein paar organisatorische Dinge für den Flug. Auch heute war es für einen Besuch des Shibuya-Crossings zu spät geworden, weshalb wir das für den morgigen Abend als Abschluss eingeplant haben, bevor wir uns zum Flughafen aufmachen, wo Gianni noch eine Nacht in einem Hotel verweilen wird, während Martin und ich auf den 12-stündigen Rückflug um 2:00 Uhr in der Früh warten. Vielleicht krönen wir den Abschluss der Reise auch noch mit einem Kobe-Rind-Abendessen. Wir werden sehen, was der letzte Tag der Reise noch bringen wird …

Ausgewählte Kuriositäten:
  • Hier noch ein interessantes Detail zum Shinkansen: Die Reinigung eines kompletten Shinkansen dauert exakt 7 Minuten. In dieser Zeit rückt eine komplette Putzkolonne an, fegt den Zug, wechselt alle Sitzbezüge aus, räumt den Müll beiseite und reinigt die Toiletten.
  • Sobald die Kirschbäume zu blühen beginnen, beginnt für die Japaner auch die Zeit des Hanami. Hanami bedeutet wörtlich übersetzt "Blumen anschauen", womit natürlich die Kirschblüten gemeint sind. Traditionell heißt es für die Japaner dann, sich mit Freunden, der Familie oder Kollegen in einen Park zu begeben und unter den Kirschbäumen zu picknicken. Und dazu gehört auch der Konsum von jeder Menge Alkohol.
  • Und wer danach noch nicht nach Hause gehen will, kann den Abend bei einer der liebsten Freizeitbeschäftigungen der Japaner ausklingen lassen: dem Karaoke. Dabei ist Karaoke eigentlich mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung. Beim ausgelassenen Singen werden Geschäfte abgeschlossen, Beziehungen gestiftet, Frust abgebaut und hin und wieder sogar lebenslange Freundschaften geschlossen.

Dienstag, 26. März 2019

Takayama - Matsumoto - Kawaguchi-ko - Tokio

Heute mussten wir zur Abwechslung einmal wieder früher aus dem Bett steigen, da wir am Vormittag noch ein wenig Programm geplant hatten, ehe wir den Bus zu unserem heutigen Ziel, Matsumoto, erwischen mussten. Als wir unsere Zimmervorhänge aufmachten, um einen ersten morgendlichen Blick aus dem Fenster zu werfen, staunten wir nicht schlecht, denn vor unserem Fenster tat sich eine Winterlandschaft auf und es schneite immer noch heftig. 
Winterlandschaft in Takayama
Wir wussten zwar, dass sich das Wetter inmitten der Alpen immer schlagartig ändern kann, aber damit hatten wir dennoch nicht gerechnet. Doch das tat unseren Plänen zum Glück keinen Abbruch – im Gegenteil, denn wir hatten am Vormittag noch einen Kurzausflug in das nur 15 Fahrminuten entfernte Museumsdorf Hida geplant, in dem es, ähnlich wie in Shirakawa-go, Dutzende traditionelle Häuser und Gebäude zu bestaunen gibt. Wir dachten uns, der Schnee auf den Strohdächern könnte dem Ganzen noch zusätzlichen Charme verleihen …
Doch bevor wir zum Busbahnhof von Takayama aufbrachen, taten wir uns noch am reichhaltigen Frühstücksbuffet des Hotels gütlich. Dabei handelte es sich eher um ein vollwertiges Mittagessen als um ein Frühstück, wie wir es kennen. Uns drei Verhungerten war das natürlich nur Recht. Mehr als gesättigt rollten wir geradezu zum Busbahnhof, wo wir uns vor der Fahrt nach Hida noch die Bustickets für die Weiterfahrt nach Matsumoto sicherten.
Hida liegt nur einige Kilometer nördlich von Takayama erhöht an einem bewaldeten Hang. Uns gefiel dieses traditionelle Dorf auf Anhieb besser als Shirakawa-go. Vor allem der nette Teich, die vergleichsweise wenigen Touristen und die fehlenden Souvenirläden bringen ihm Bonuspunkte gegenüber Shirakawa-go ein. Außerdem bewahrheitete sich unsere Annahme, dass der Schnee der Szenerie noch etwas ganz Besonderes verliehen würde. Gegen Ende unseres einstündigen Rundgangs durch das Dorf drang sogar die Sonne durch und rundete den wunderschönen Kurzausflug perfekt ab. Hida ist natürlich auch kein original erhaltenes Dorf, sondern nur ein Freilichtmuseum, dessen Exponate in Form von Häusern aus der Umgebung akribisch zerlegt und anschließend hier wieder zusammengesetzt wurden, sodass man sich ein gutes Bild vom Leben auf dem Land in den vergangenen Jahrhunderten machen kann.
Hida

Gianni, Martin, Philipp
Berge um Hida
Nun konnten wir uns rundum zufrieden auf den Rückweg zum Busbahnhof Takayama machen, wo wir gleich im Anschluss in unseren Bus nach Matsumoto stiegen. Die Fahrt dauerte knapp zweieinhalb Stunden und führte über herrliche Gebirgspässe, durch dramatische Täler und über beeindruckende Staudämme. Trotz der gemeingefährlichen Strecke erreichten wir sicher Matsumoto. Hier hatten wir abermals nur eine Nacht eingeplant, da es hier bis auf die Burg Matsumoto-jo und die sehenswerte Alpenszenerie rund um die Stadt nicht allzu viel zu sehen gibt. Doch allein diese beiden Dinge sind allemal einen Zwischenstopp hier wert. Matsumoto liegt geschützt in einem fruchtbaren Tal, das an der breitesten Stelle nicht mehr als 20 km misst. Nachdem wir rasch unser Hotel bezogen hatten, gingen wir gleich zur nur wenige Minuten entfernten Burg, um das traumhafte Wetter noch auszunutzen, da es inzwischen schon früher Abend geworden war. Bei der Burg angekommen, stellten wir zu unserer Freude fest, dass hier verhältnismäßig wenig Touristen unterwegs waren, vor allem im Vergleich zu unserem vorherigen Ziel, Takayama. Die Burg selbst konnten wir leider nicht mehr betreten, da wir dafür bereits zu spät dran waren. Das störte aber nicht weiter, da sie vor allem von außen spektakulär anmutet. Sie ist Japans älteste Holzburg und ist neben jenen in Hikone, Himeji und Inuyama eine von vier Festungen, die zu den nationalen Kulturgütern des Landes zählen. Besonders ihre Lage direkt am Burggraben wusste uns sehr zu gefallen. 
Burg Matsumoto-jo bei Tag

Park bei der Burg in Matsumoto
Als sich die Sonne allmählich hinter den Bergen zu verkriechen begann, wurde es schlagartig kalt, woraufhin wir Unterschlupf in einem Ramen-Restaurant suchten, um uns aufzuwärmen und gleichzeitig den mittlerweile aufgekommenen Hunger zu bändigen. Bevor wir allerdings einen Haken hinter diesen Reisetag setzen konnten, spazierten wir noch einmal zum Burggelände, um uns die bei Nacht beleuchtete Matsumoto-jo anzusehen. Und das zahlte sich aus, einerseits war das Gelände so gut wie menschenleer und andererseits gab die Burg in dieser Form ein atemberaubendes Bild ab. Nun konnten wir zufrieden ins Hotel zurückkehren und uns dem Schlafe hingeben.
Burg Matsumoto-jo bei Nacht
Am nächsten Morgen standen wir recht zeitig auf, um noch in Ruhe im Hotel frühstücken zu können, ehe wir per Taxi zum Bahnhof fuhren, wo wir in den ersten von insgesamt drei Zügen in Richtung Kawaguchi-ko stiegen. Kawaguchi-ko wird kaum jemandem ein Begriff sein, doch das nette Städtchen liegt am Ufer eines der fünf Fuji-Seen und bietet eine traumhafte Aussicht auf Japans Wahrzeichen, den Fujiyama. Während unserer mehrstündigen Anreise bei bestem Wetter waren wir schon voller Vorfreude, endlich einen ersten Blick auf den beeindruckenden Vulkan und größten Berg Japans werfen zu können. Doch nicht einmal eine halbe Stunde, bevor wir ihn zum ersten Mal erspähen konnten, wich sämtliches Blau am Himmel einer dichten, weißen Wolkendecke, die sich den ganzen restlichen Tag über hartnäckig halten sollte. Das war zwar ein blödes Timing, aber wir waren zumindest froh, den Fuji in seiner ganzen Pracht sehen zu können, da er selbst zum Glück nicht vom Nebel verhüllt wurde. Da wir hier auch nur eine Nacht und somit einen Nachmittag und Abend sowie einen Vormittag hatten, machten wir uns gleich nach unserer Ankunft in Kawaguchi-ko auf zu unserer grandios quasi am Fuße des Fuji gelegenen Unterkunft, in der wir ein Apartment mit kleinem Garten inklusive Traumblick auf das Objekt der Begierde gebucht hatten. Dort mussten wir allerdings zu unserem Verdruss feststellen, dass direkt vor unserem Garten und den Blick trübend eine Baustelle war, auf der reger Betrieb herrschte. Bisher meinten es die Fuji-Götter noch nicht allzu gut mit uns. Aber da wir gegen solcherlei Dinge ohnehin machtlos waren, ärgerten wir uns nicht weiter und spazierten stattdessen zur gut 20 Minuten entfernten Kachi Kachi Yama Seilbahn am östlichen Rand des Sees, mit der wir, wie zu erwarten, mit Dutzenden anderen Schaulustigen zur Fuji-Aussichtsplattform fuhren. Von oben tat sich trotz des nicht idealen Wetters ein wunderbarer Blick einerseits über den Lake Kawaguchi im Westen und natürlich zum Fujiyama im Süden auf. 
Blick von der Aussichtsplattform
Nach einiger Zeit des Staunens und des Schauens – sattsehen kann man sich an diesem Vulkan ohnehin nicht so schnell – und da es schon zu dämmern begann, ging es wieder mit der Seilbahn zurück ins Tal. Wir begaben uns auf dem Rückweg nur noch auf Nahrungssuche und anschließend zurück in die Unterkunft, um nicht allzu spät ins Bett zu kommen, da wir morgen eine Umrundung oder zumindest Teilumrundung des Lake Kawaguchi bei hoffentlich besserem Wetter geplant hatten (auch wenn die Wettervorhersage nicht allzu viel Hoffnung aufkommen ließen).
Wir stellten uns noch einen Wecker um 5:30 Uhr, um vielleicht einen schönen Sonnenaufgang mit Fuji-Panorama zu erleben, ein kurzer Blick auf den von Wolken umschlungenen Vulkan ließ uns jedoch schnell wieder unter die Decken fahren. Also standen wir erst wieder auf, um rechtzeitig unser Frühstück um 7:30 einzunehmen. Da sich das Wetter immer noch kaum verbessert hatte und sich der Fuji weiterhin hinter den Wolken versteckte, zogen wir uns noch eine Zeit lang ins Apartment zurück und hofften auf eine baldige Besserung der Lage. Es tat sich zwar nicht viel, aber da wir unser Zimmer ohnehin um 10 Uhr verlassen mussten, machten wir uns dennoch auf den Weg zum See und begannen seine Umrundung in westlicher Richtung. Unsere Hoffnung war, zumindest eine halbe Umrundung zu schaffen, um einen Blick auf den Fuji mit See im Vordergrund erhaschen zu können. Und als wir eine Zeit lang die teilweise sehr schöne und verlassene Uferpromenade entlangspazierten, nahm das Wetterschicksal plötzlich eine glückliche Wendung. Erste kleine, blaue Flecken vereinten sich zu einem strahlend blauen Himmel. 
Wanderung um den  Kawaguchi See
Blick auf den Fuji bei der Seeumrundung


Ein Blick auf die Karte offenbarte jedoch, dass wir es nicht rechtzeitig schaffen würden, die anderen Seite des Sees zu erreichen, um noch unseren Bus nach Tokio am frühen Nachmittag zu erwischen. So ließen wir uns bei einem Souvenirladen am See ein Taxi rufen, das uns zum Oishi-Park brachte, von dem aus man einen besonders schönen Blick auf den Fuji haben soll. Als wir dort ankamen, ließen die sich dort tummelnden Touristengruppen schon vermuten, dass sich dieser Aussichtspunkt herumgesprochen hat. Doch das war uns nun völlig egal, denn jetzt hatten wir traumhaftes Wetter und einen der schönsten Blicke auf den Fujiyama. Ein wirklich einzigartiger Moment, hier zu stehen. Dies wird mit Sicherheit eins der großen Highlights der Reise bleiben. Nun hatten wir auch beschlossen, uns nicht mehr über schlechtes Wetter aufzuregen, denn hier war uns das Glück wirklich hold.
Mt. Fuji 1

Mt. Fuji 2
Die Zeit zwang uns schließlich dazu, uns in den nächsten Bus zu setzen, der vor hier aus praktischerweise bis zum Bahnhof von Kawaguchi-ko fährt. Dort angekommen, holten wir noch rasch unser Gepäck in der Unterkunft ab und begaben uns zurück zum Bahnhof, wo wir rechtzeitig in unseren Bus stiegen, der uns sicher nach Tokio brachte. Auf dem Weg konnten wir noch ein paar letzte Blicke auf den Fuji erhaschen, ehe er irgendwann hinter anderen Bergen verschwand. Die Fahrt nach Tokio dauerte knapp über zwei Stunden und sollte unsere lange Rundreise durch Japan abschließen. Ganz ist unsere Reise damit aber noch nicht zu Ende, denn bevor wir in der Nacht von Samstag auf Sonntag (Martin und ich) bzw. Sonntagvormittag (Gianni) in unsere Flieger nach Wien bzw. München steigen, bleiben uns noch ein paar Tage in der Hauptstadt, während der wir auch zwei Halbtagesausflüge geplant haben.
An diesem Abend in Tokio erledigten wir zuerst noch ein paar organisatorische Dinge wie das Eintauschen unseres 5-Tages-Railpasses sowie das Reservieren von Sitzplätzen für unsere Ausflüge. Danach checkten wir noch in unser letztes gemeinsames Hotel der Reise ein (Gianni wird noch eine Nacht ohne uns am Flughafen verbringen) und suchten eine nahe gelegene Sushi-Bar auf, um unsere Abstinenz in Sachen roher Fisch zu beenden. Müde vom doch recht langen und ereignisreichen Tag zogen wir uns ins Hotel zurück, wo wir uns noch an das Verfassen dieses Blogeintrags machten.

Ausgewählte Kuriositäten:

  • Beim Fuji handelt es sich nicht nur um einen Vulkan, sonder gleich um drei! Ganz unten befindet sich der Komitake, darüber liegt der Kofuji und der Fuji selbst bildet die Spitze. Er ist auch der jüngste der drei Vulkane.
  • Der Fuji ist ein heiliger Ort und daher war es Frauen bis zur Meiji-Restauration im 1868 verboten, ihn zu besteigen.
  • Der Fuji ist nach wie vor aktiv, das letzte Mal brach er jedoch im Jahr 1707 aus.
  • Mit ungefähr 30.000 Besteigungen pro Jahr (und das innerhalb von nur zwei Monaten – sonst ist er für nämlich gesperrt), ist der Fuji der am meisten bestiegen Berg der Welt.

Samstag, 23. März 2019

Kanazawa Tage 2 & 3 - Shirakawa-go - Takayama

Uns erwarteten nun zwei weitere Tage in Kanazawa, obgleich wir am ersten Morgen bemerkten, dass wir eigentlich nur noch Programm für einen Tag im Petto hatten. Wir machten uns aber nichts weiter daraus, denn nach den doch recht anstrengenden Tagen in Kyoto würde uns zumindest ein ganzer Tag zum Ausschlafen und Entspannen guttun.
Kanazawa punktet im Vergleich zu Kyoto nicht unbedingt mit besonderen Sehenswürdigkeiten, kann dafür aber mit ein paar netten kleinen Vierteln aufwarten, die sich von unserer Unterkunft aus gut zu Fuß erkunden ließen. Die Temperaturen waren heute trotz starkem Wind mit teilweise fast 20 Grad ungewöhnlich hoch. Als erstes Ziel setzten wir uns den Omi-cho Markt, der nur wenige Minuten entfernt lag. Dort hofften wir wieder auf unsere Sushi-Kosten zu kommen. Da wir uns auch heute recht großzügig ausgeschlafen hatte und sehr gemütlich nach einem Kaffee in einem Café um die Ecke in den Tag gestartet waren, trafen wir erst gegen Mittag auf dem Markt ein, wo sich bereits vor jedem Lokal Menschenschlangen versammelt hatten. So konnten wir uns lediglich durch das Durcheinander an Fischhändlern, Käufern und Restaurants bewegen, ohne selbst etwas Essbares abzugreifen. Der Markt ist durchaus nett und sehenswert, kann aber nicht ganz mit jenen, die wir in Tokio und Osaka besucht hatten, mithalten. Hier verhielt es sich jedenfalls ähnlich, wie am Vortag beim Kenroku-en-Garten, als dort auch wie aus dem Nichts Menschenmassen auftauchten, obwohl es in der Stadt selbst recht überschaubar zuging. 
Omi-cho Markt
Da die Essensfrage noch nicht beantwortet war, suchten wir uns ein kleines Restaurant ein paar Straßen weiter aus, wo wir sofort wieder allein waren, und dennoch ein sehr gutes Fischmenü im klassisch japanischen Stil verdrückten.
Da wir uns nun keine Gedanken mehr über unseren Hunger machten mussten, konnten wir entspannt das erste interessante Viertel, den Nagamachi-Bezirk, aufsuchen. Auf dem Weg dorthin kamen wir mehr oder weniger zufällig am hübschen Oyama-Schrein vorbei, der vor allem mit seinem netten kleinen Garten und einem Teich bestechen konnte. 
Oyama-Schrein

Oyama-Schrein Garten
Den Nagamachi-Bezirk erreichten wir daraufhin nach gut 20 Gehminuten. In diesem hübschen, gut erhaltenen Bezirk, der von zwei Kanälen begrenzt wird, wohnten einst zahlreiche Samurai. Der Bezirk ist zwar nicht groß, dennoch versprüht er mit seinen Lehmwänden und Ziegeldächern einen ganz eigenen Charme. 
Nagamachi-Bezirk
Nachdem wir diesen Bezirk durchschritten hatten, überquerten wir den Fluss Asano-gawa. Auf der Brücke taten sich ein erster schöner Blick auf die japanischen Alpen und ihre Dreitausender auf. Unmittelbar nördlich des Asano-gawa erstreckt sich Higashi-chaya-gai (Higashi-Geishabezirk), ein abgeschlossenes Viertel mit schmalen Straßen, das im frühen 19. Jahrhundert entstand. Die netten Lattenfassaden der Geishahäuser sind immer noch gut erhalten und erwecken romantische Vorstellungen von der damaligen Zeit. 
Higashi-chaya-gai
Nur ein paar Straßen weiter gelangten wir zu unserem letzten Besichtigungsziel des Tages, dem Teramachi-Bezirk. Das hügelige Viertel ist Standort Dutzender, wenn auch zum Großteil nicht allzu spektakulärer Tempel, vor allem, wenn man diesbezüglich verwöhnt aus Kyoto kommt. Heraus sticht der buddhistische Tempel Myoryu-jo (auch bekannt als Ninja-dera), der von außen schon nett anmutete, dessen Inneres aber besonders spannend sein soll. Davon konnten wir uns allerdings nicht selbst überzeugen, weil man, um ihn betreten zu können, eine Anmeldung benötigt und ihn nur im Rahmen einer Führung besichtigen kann. Wir ärgerten uns nicht weiter darüber, denn Tempel und Schreine kannten wir inzwischen ohnehin schon wie unser eigenes Wohnzimmer. 
Tempel Myoryu-jo
Also spazierten wir noch ein wenig die hübschen und verlassenen Straßen des Viertels entlang, ehe wir beschlossen, den mehrere Kilometer langen Rückweg anzutreten.
Wir visierten aber noch nicht direkt unsere Unterkunft an, sondern den Bahnhof, wo wir uns noch unsere Bustickets für die Fahrt nach Shirakawa-go in zwei Tagen sicherten. Da fassten wir auch kurzerhand den Entschluss, uns gleich wieder einen Tisch beim Italiener zu reservieren, bei dem wir schon gestern mit großer Freude Pizzen verschlungen hatten. Die etwa zwei Stunden, die uns vor dem Essen noch blieben, verbrachten wir ruhend und duschend in der Unterkunft. Beim Italiener bestellten wir natürlich Pizza, die wieder so köstlich war, dass wir nicht anders konnten, als auch gleich für unseren morgigen letzten Abend in Kanazawa einen Tisch zu reservieren.
Am nächsten Tag gelang uns beinahe ein Negativrekord an getanen Schritten, der nur von unserem Hangover-Day in Osaka unterboten wurde. Im Grunde verließen wir die Unterkunft nur aus Nahrungssuchegründen. Am späteren Vormittag schleppten wir uns wieder zum Omi-cho-Markt, in der Hoffnung, heute etwas früher einen Platz in einem Sushi-Restaurant zu bekommen. Und der Plan sollte aufgehen, es herrschte zwar auch an diesem Tag reges Treiben auf dem Markt, doch die Restaurants waren aufgrund der noch frühen Uhrzeit recht spärlich belegt. So konnten wir nun endlich wieder unser Verlangen nach Sushi in Form von unverschämt köstlichem Thunfisch-Sashimi befriedigen.

Den Nachmittag nutzten wir nur noch zum Entspannen und zur weiteren Detailplanung unserer Reise, die gerade innerhalb der Alpen etwas Feinabstimmung erfordert, da wir dort nicht allzu viel Zeit eingeplant haben, weshalb An- und Weiterreisezeiten nicht unwesentlich sind. Am Abend ging es zu unserer erneuten Freude wieder zum Italiener, bei dem wir unsere Pizza-Trias komplettierten. Nun sollten wir für den Rest der Reise genug davon haben … möglicherweise …
Am nächsten Morgen mussten wir uns recht zeitig von unserem netten Wohnhaus, das wir inzwischen schon liebgewonnen hatten, verabschieden, denn kurz nach 8 Uhr ging bereits unser Bus in die abgeschiedene Bergregion Shirakawa-go zwischen Kanazawa und Takayama, unserem heutigen letzten Ziel. Da nicht nur die Züge in Japan auf die Sekunde pünktlich sind, rollten wir exakt um 8:10 los. Die etwa eineinhalbstündige Fahrt verlief wie immer reibungslos und hier und da taten sich bereit erste nette Bergpanoramen auf. Einzig die Sonne wollte noch nicht durch die dichte Wolkenschicht dringen. Shirakawa-go planten wir auf unserem Weg nach Takayama als Zwischenstopp ein, da man hier viele Bauernhöfe im berühmten Gassho-zukuri-Stil findet, so benannt nach der A-förmigen Bauweise der Strohdächer. Dort angekommen erfreuten wir uns zuerst am geringen Touristenaufkommen, wo doch in allen Reiseführern angemerkt wurde, dass man hier auf besonders viele stoßen würde. Fast alle Sehenswürdigkeiten von Shirakawa-go liegen in der Gemeinde Ogimachi. Hier findet sich die größte Ansammlung an Gassho-zukuri-Bauten. Das 600 Einwohner starke, an einem Fluss liegende Dorf ist schnell durchschritten und bietet neben den stimmungsvollen Gebäuden auch ein rundum beeindruckendes Alpenpanorama. Auf der anderen Flussseite gibt es ein recht weitläufiges Freilichtmuseum, in dem man originale Gassho-zukuri aus der Nähe betrachten und auch betreten kann. Da alle Häuser hierher verpflanzt wurden, weil einige Dörfer in den 60er-Jahren zu überfluten drohten, wirkt die Anordnung jedoch leider etwas künstlich. Dennoch hatte sich der Besuch und der kleine Spaziergang hier zweifellos ausgezahlt, auch weil die Häuser irgendwie eine angenehme Ruhe ausstrahlten. 
Shirakawa-go 1

Shirakawa-go 2
Diese Ruhe hatte jedoch nach Verlassen des Freilichtmuseums ein Ende, denn offenbar waren wir einfach vor den großen Reisebussen hier angekommen. Inzwischen drängten sich Hunderte Menschen durch den Hauptteil des Dorfes, durch den wir kurz zuvor noch fast allein gegangen waren. Wir waren jedenfalls froh, den Großteil hier noch in relativer Ruhe besichtigt zu haben. Da uns noch etwas Zeit blieb, ehe wir in unseren Bus nach Takayama steigen mussten, stiegen wir noch auf eine Anhöhe, auf der es einen Aussichtspunkt gibt, von dem aus man einen tollen Blick über das Tal und das Dorf hat. Nach einer kurzen Rast und den Ausblick genießend, machten wir uns wieder auf den Weg hinunter zum Busbahnhof. Die Weiterfahrt nach Takayama, wo wir eine Nacht verbringen werden, dauerte nur eine knappe Stunde.
Takayama wartet angeblich mit einer der stimmungsvollsten Stadtlandschaften Japans auf. Bevor wir uns jedoch davon selbst überzeugten, brachten wir noch schnell unser Gepäck ins Hotel und suchten uns was zu essen, da inzwischen schon der frühe Nachmittag angebrochen war und wir bisher bis auf ein paar langweilige Snacks nichts gegessen hatten. Die Sonne hatte sich inzwischen zwar gegen die Wolken durchgesetzt, die Temperaturen waren jedoch gerade einmal knapp über dem Gefrierpunkt und der Wind trug das Seinige dazu bei, dass hier geradezu Winterstimmung herrschte. Um uns ein wenig von innen zu wärmen, aßen wir günstig eine große Portion schmackhafte Ramen. Mit neugewonnener Kraft und Wärme spazierten wir weiter zum Fluss Miya-gawa, den wir nach ein paar Minuten erreichten. Einmal auf der anderen Flussseite angekommen, befanden wir uns im wunderbaren Sanmachi-suji-Bezirk voller Sake-Brauereien, Cafés, Geschäfte und gut erhaltenen Furui Machinami (alter Privathäuser). 
Sanmachi-suji-Bezirk
Wir genossen hier ein wenig das nette Ambiente und spazierten ein wenig den Fluss entlang, bevor wir uns um 15 Uhr noch schnell zum Hotel begaben, um in unsere Zimmer einzuchecken und uns kurz frisch zu machen.
Danach begaben wir uns wieder in Richtung Sanmachi-suji, statten auf dem Weg aber noch dem Takayama-jinja einen Besuch ab. Das weitläufige Gelände südlich von Sanmachi-suji ist das einzige verbleibende Präfekturbauwerk aus der Zeit des Tokuwaga-Shoguns. Heute kann man hier unter anderem dessen Reisspeicher, Garten und Folterkammer besichtigen. Darüber hinaus kann man hier auch einige Waffen, Schriftstücke und Handwerkswaren aus der damaligen Zeit begutachten.
Takayama-jinja
Ein durchaus netter Rundgang, dachten wir uns, doch der strahlende Sonnenschein, von dem wir in den letzten Tagen nicht so viel abbekommen hatten, verlieh unseren Schritten ungeahnte Geschwindigkeit, weshalb wir das Ganze doch eher im Schnelldurchlauf abhandelten. Aus diesem Grund befand sich unser letzter Besichtigungspunkt des Tages auch unter freiem Himmel. Wir überquerten abermals den Miya-gawa in Sanmachi-suji und begaben uns dort in den wunderbar grünen Shiroyama-koen. Mehrere Pfade führen hier durch den Park und den Hügel hinauf zu den Ruinen der Burg Takayama-jo. Wobei Ruinen hier übertrieben ist, da hier eigentlich nur noch eine Gedenktafel steht, wo früher die Burg emporragte. Auf dem Weg hinauf kommt man wiederum an etlichen netten Tempeln und Schreinen vorbei. Ausblicke auf die umliegenden Berge kann man leider nur selten erhaschen, da meistens dichter Wald die Sicht versperrt. Hier und da gab es aber doch ein Plätzchen, von dem aus wir die schneebedeckten Gipfel der imposanten Berge sowie das Stadtpanorama Takayamas genießen konnten. Als sich die Sonne hinter den Bergen verabschiedete wurde es bitterkalt, weshalb wir sogleich mit dem Abstieg zurück in die Stadt begannen.
Blick vom Shiroyama-koen 1

Blick vom Shiroyama-koen 2
Zum Abschluss des Tages belohnten wir uns für die vielen zurückgelegten Meter mit einem hervorragenden Steak vom lokalen Hida-Rind, ein kleiner Vorgeschmack auf das noch in Tokio geplante Kobe-Steak … Morgen geht es dann wieder mit dem Bus weiter nach Matusmoto, wo wir wiederum nur eine Nacht verbringen werden, ehe wir bei einem der großen Reiseziele ankommen: dem Fujiyama.

Ausgewählte Kuriositäten:

  • Japan ist das Land der Schreine und das liegt unter anderem auch daran, dass die Japaner sehr abergläubisch sind. So sollte man sich beispielsweise nie nachts die Nägel schneiden, da zu dieser Tageszeit die bösen Geister unterwegs sind und beim Nägelschneiden am Körper quasi kleine Öffnungen entstehen, durch die sie dann in den Körper hineinschlüpfen können. Außerdem sollte man nachts auch nicht Pfeifen. Schließlich haben sich so früher Diebe und Einbrecher verständigt und wer nach Einbruch der Dunkelheit pfeift, ruft sie herbei.
  • Und wo wir gerade beim Glauben sind: Jesus Christus liegt laut den Japanern auch in Japan begraben. Jesus ist im Alter von 21 Jahren nach Japan gegangen, um dort den Shinto-Glauben zu studieren, und ist erst zwölf Jahre später wieder nach Judäa zurückgekehrt, wo er predigte und schließlich auch gekreuzigt wurde. Doch was bei uns kaum einer weiß, ist, dass der Bruder von Jesus, Isukiri, kurz vor der Kreuzigung dessen Platz einnahm. Jesus selbst kehrte nach Japan zurück, wurde Reisbauer, gründete eine Familie und starb im Alter von 106 Jahren.
  • Da wir in letzter Zeit ständig unterwegs waren, mussten wir uns immer mit unseren schweren Koffern herumschlagen. Die meisten Japaner würden das jedoch nicht tun, schließlich gibt es ja den Takkyubin, der das Gepäck für einen zum nächsten Bahnhof bringt. Takkyubin ist der Name eines japanischen Kurierdienstes, der mittlerweile als Synonym für alle Zustelldienste des Landes herangezogen wird. Diese sind relativ billig und, was noch viel wichtiger ist, immer pünktlich. Außerdem kann man mit ihnen auch kleine Pakete verschicken und braucht sich nie Sorgen um deren Inhalte zu machen. Die Paketzusteller sind so vorsichtig, dass man sogar dünnwandige Vasen bedenkenlos verschicken kann.

Mittwoch, 20. März 2019

Kyoto - Nara - Kyoto & Kyoto - Kanazawa Tag 1

Ein voller Tag blieb uns nun noch im Raum Kyoto, und da wir die von uns ausgewählten Ziele in der Stadt bereits besichtigt hatten (für alles bräuchte man hier wohl ein Jahr oder länger), fuhren wir heute mit dem Zug in die ca. eine Stunde entfernte Stadt Nara, Japans erste dauerhafte Hauptstadt. Sie zählt aufgrund ihrer insgesamt acht Welterbestätten der Unesco zu den interessantesten Reisezielen des Landes.
Leider war das Wetter heute nicht allzu berauschend, wolkenverhangenes Grau in Grau. Dennoch war es unsere letzte Chance, nach Nara zu kommen, also gab es keinen Plan B. Mit dem Zug vom Bahnhof Kyoto erreichten wir Nara nach einer Stunde, wo es rechtzeitig zu unserer Ankunft recht stark zu regnen begann. Also suchten wir erstmal Unterschlupf beim örtlichen Starbucks und versuchten bei einem Kaffee, den ärgsten Regen auszusitzen. Als wir uns nach einer guten halben Stunde entschlossen, in Richtung des Parks Nara-koen aufzubrechen, in dem sich die meisten Attraktionen befinden und der sich für gemütliche Spaziergänge inmitten von Natur und zahmer Rehe eignet, ließ der Regen tatsächlich etwas nach. Nach etwa 15 Minuten erreichten wir den Kofuku-ji, den Tempel, der sozusagen das Eingangstor zum Nara-koen bildet. Besonders erwähnenswert sind seine zwei Pagoden, von denen eine die zweithöchste Japans ist. 
Kofuku-ji

Zweithöchste Pagode Japans
Ab diesem Zeitpunkt waren Heerscharen von Touristen und Rehe unsere ständigen Begleiter, wobei Letztere irgendwie netter sind. Nach dem Kofuku-ji peilten wir den in den Reiseführern angepriesenen Isui-en-Garten an. Bei unserer Ankunft mussten wir jedoch leider feststellen, dass der Garten genau jeden Dienstag geschlossen ist; ein kleingedrucktes Detail, das wir im Reiseführer leider überlesen hatten. Als Entschädigung war zumindest der Nachbargarten Yoshiki-in geöffnet und sogar gratis. Zu unserer Freude war dieser Garten auch kaum besucht, konnte aber durchaus mit den schöneren Gärten, die wir bisher gesehen hatten, mithalten. Auf der Anlage steht ein bezauberndes kleines Landhaus samt Strohdach, es gibt den obligatorischen Teich und mehrere Spazierwege. Hier und da kann man von einer erhöhten Stelle aus sogar einen Blick auf den benachbarten Isui-en-Garten erhaschen. Da uns der Yoshiki-in aber wirklich gut gefiel, ärgerten wir uns nicht weiter, dass wir nur ihn besuchen konnten. 
Yoshiki-in
Reh mit Torii im Hintergrund
Der Regen hatte sich indes auch verflüchtigt, weshalb wir unseren Weg gut gelaunt zur Hauptattraktion Naras fortsetzten: dem Todai-ji. In der Daibutsu-den, der gewaltigen Haupthalle der Anlage, steht (oder besser gesagt, „sitzt“) einer der Hauptgründe für die hier wuselnden Menschenmassen, der berühmte Daibutsu (Großer Buddha). Die Daibutsu-den ist das größte Holzgebäude der Welt, was auch notwendig ist, sonst hätte die furchteinflößende, 15 Meter hohe Buddha-Statue aus Bronze keinen Platz. In der Halle, in deren Mitte der Daibutsu thront, stehen ringsum noch weitere imposante Statuen von wichtigen Glaubensgestalten. Von allen Tempeln und Schreinen, in denen wir bisher waren, ist dieser mit Abstand der ehrfurchtgebietendste. Nur schwer kann man seinen Blick von der Buddha-Statue abwenden, die 746 gegossen und im Laufe der Zeit wiederholt durch Erdbeben und Feuer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Er verlor sogar einige Male seinen Kopf, weshalb Kopf und Körper sich auch farblich unterscheiden.
Daibutsu-den

Daibutsu (Großer Buddha)
Den restlichen Nachmittag spazierten wir noch zu anderen interessanten Tempeln des Nara-koen, wobei sie einen nach einem Besuch des Todai-ji und der Daibutsu-den und einigen Tagen Kyoto nicht mehr vom Hocker hauen können. Zumindest war das bei uns so. Hervorzuheben ist vielleicht noch der Kasuga Taisha, der sich am Fuße eines Hügels inmitten eines Waldes befindet. Hunderte Laternen säumen die Pfade, und viele Hunderte mehr schmücken den Schrein selbst. 
Kasuga Taisha
Glücklicherweise blieben wir den restlichen Nachmittag vom Regen verschont und konnten trocken aus dem schönen Nara-koen herausspazieren, um uns vor unserer Rückfahrt nach Kyoto noch ein Essen in der Nähe des Bahnhofs einzuwerfen. Gesättigt und doch etwas müde von der großen Runde durch den Park stiegen wir in den Zug.
Im Hotel in Kyoto planten wir die nächsten Tage noch etwas genauer, für weitere abendliche oder nächtliche Erkundungstouren waren wir definitiv zu geschlaucht.
Am nächsten Tag konnten wir uns ausgiebig ausschlafen, bevor wir am späten Vormittag aus unserem Hotel auscheckten und uns zum Bahnhof aufmachten, wo wir nach einem köstlichen McDonald’s-Imbiss in unseren Zug nach Kanazawa stiegen. Wir waren beinahe etwas froh, unsere Zelte wieder abzubrechen und in einen anderen Teil Japans aufzubrechen. Kyoto hatte uns zwar außerordentlich gut gefallen, dennoch bekamen wir schon leichten Lagerkoller und hofften auch, in Kanazawa, das mit seinen 465.000 Einwohnern ja fast schon Kleinstadtcharakter in Japan hat, den Touristenarmeen etwas entfliehen zu können. Kyoto verabschiedete uns jedenfalls mit strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen.  Die Fahrt nach Kanazawa dauerte knapp über zwei Stunden und wurde leider mit keinem Shinkansen durchgeführt. Da hatten wir die erschreckende Erkenntnis, dass wir auf unserer Reise keine Shinkansen-Fahrt mehr haben werden. Denn ab Kanazawa geht es bis nach Tokio über mehrere Stationen nur noch mit dem Bus weiter.
Am Bahnhof waren wir schon erfreut, hier nur Hunderte Menschen vorzufinden, anstatt die Abertausenden auf dem Bahnhof in Kyoto. In Kanazawa hatten wir zur Abwechslung mal kein Hotel, sondern eine kleine japanische Wohnung gemietet, die sich nur einige Gehminuten vom Bahnhof in einer netten Nebenstraße befindet. Dort angekommen wurden wir gleich vom netten jungen Vermieter in Empfang genommen, der uns im Zuge etlicher Verbeugungen alles zeigte und erklärte. Da die Sonne immer noch vom Himmel lachte und wir noch einige Stunden Licht hatten, machten wir uns nur kurz frisch und gingen gleich weiter zum unweit gelegenen Burgpark Kanazawa, hinter dem sich unser eigentliches Hauptziel des heutigen Tages, der Kenroku-en-Garten, befindet. Der Weg zum Burgpark durch die hübschen und einladenden Straßen der Stadt war eine willkommene Oase der Stille. Auch im weitläufigen Park der interessanten Burg findet man noch Ruhe, erst beim Kenroku-en selbst, der als einer der schönsten Gärten Japans gilt, muss man sich wieder unter die Massen mischen, die hier irgendwie aus dem Nichts erschienen waren, als hätten sie bereits die ganze Zeit über dort auf uns gewartet. Der Garten wurde in der Edo-Zeit angelegt und sein Name (kenroku heißt „kombinierte Sechs“) geht auf einen berühmten chinesischen Garten der Sung-Dynastie zurück, der sechs Attribute festlegte, um als perfekt gelten zu können: Abgeschiedenheit, Weite, künstlerische Gestaltung, lange Geschichte, reichlich Wasser und eine ungehinderte Aussicht. Und all das findet man im Kenroku-en tatsächlich. Wenn man durch dieses kleine Paradies spaziert, blendet man schnell alles um sich herum aus und genießt es einfach nur, hier zu sein. Darüber hinaus gibt es einen Pflaumenhain, in dem sich ein blühender Baum an den anderen reiht. Welchen Garten wir am Ende unserer Reise zu unserem persönlichen Favoriten ernennen werden, bleibt zwar noch offen, der Kenroku-en ist aber definitiv ein ernstzunehmender Kandidat!
Kenroku-en 1

Kenroku-en 2

Kenroku-en 3

Kenroku-en 4
Auf unserem Rückweg spazierten wir noch einmal durch den innerhalb der Burgmauern gelegen Teil des Burgparks, in dem sich ebenfalls noch ein kleiner recht netter Garten versteckt, über den man die Anlage verlassen kann. 
Gyokusen'inmaru Garten
Da wir bis auf diverse McDonald’s-Burger noch nichts im Magen hatten, war es an der Zeit, ein Restaurant für unser Abendessen auszuwählen. Kanazawa liegt am Meer und ist auch gerade deshalb für sein hervorragendes Sushi bekannt. Wir wählten ein im Internet sehr gut bewertetes Lokal in unserer Nähe aus, in dem wir aber leider keinen Platz mehr bekamen. So beschlossen wir kurzerhand, am nächsten Tag auf dem Fischmarkt unser Sushi-Glück zu versuchen und heute jeglichem japanischen Essen abzusagen und unseren italienischen Nachbarn mit dem Verzehr einer Steinofenpizza zu huldigen. Und das bereuten wir keineswegs, erstens bekamen wir noch einen Platz und zweitens schmeckte die Pizza vorzüglich und würde selbst in Italien positiv herausstechen. Egal, was die Japaner zubereiten, sie erreichen fast immer Perfektion.
Nach diesem köstlichen Mahl zogen wir uns in unsere Wohnung zurück, in der wir es uns den restlichen Abend gemütlich machten und uns ein wenig das Programm für den morgigen Tag in Kanazawa überlegten.

Ausgewählte Kuriositäten:
  • Japan hat ein großes Problem mit der Überalterung der Bevölkerung – durch die niedrige Geburtenrate von 1,3 steuert das Land direkt auf eine Seniorengesellschaft zu. Jeder dritte Japaner ist über 65 und bis 2025 soll das Durchschnittsalter bei 50 Jahren liegen. So verkauft der größte Windelhersteller des Landes bereits heute mehr Inkontinenz- als Babywindeln.
  • Während Japan immer älter wird, steigt auch die Zahl der Haustiere. So sind in Japan mehr Katzen und Hunde behördlich angemeldet als Kinder unter 15 Jahren. Da ist es auch nur logisch, dass es in den Supermärkten ein größeres Sortiment an Tiernahrung als Babynahrung gibt.
  • Und wo wir gerade beim Thema Kinder sind: Traditionell spielen Geburtstage in Japan eigentlich keine Rolle. Wenn am 1. Jänner das neue Jahr beginnt, werden alle kollektiv ein Jahr älter – der genaue Tag der Geburt ist also irrelevant, nur das Geburtsjahr ist von Bedeutung. Mittlerweile bekommen Kinder an ihren Geburtstage jedoch meist eine Kleinigkeit.
  • Japan gilt als eines der sichersten Länder der Welt – und das völlig zu recht. So gibt es in Japan jährlich ungefähr an die 1.000 Gewaltverbrechen. Im Vergleich dazu ist die Selbstmordrate mit ungefähr 30.000 Selbstmorden pro Jahr geradezu bedenklich hoch.

Tokio Tag 1 (Kamakura) & Tokio Tag 2 (Nikko) & Tokio Tag 3

Fast vier Wochen sind tatsächlich schon vergangen, seit wir hier in Tokio gelandet sind. Auch wenn wir in dieser Zeit vieles erlebt und unt...